Unfälle passieren – sind aber vermeidbar …

In diesem Beitrag möchten wir anhand eines aktuellen Beispiels eine Thematik beleuchten, die wir in unserer Praxis häufig antreffen. Die Fomulierungsunfälle. Solche kommen typischerweise in eigenhändigen Testamenten vor, die ein Laie in Eigenregie erstellt. Einer Nicht-Fachperson fehlt häufig das Verständnis für die korrekte Verwendung der erbrechtlichen Begriffe, so dass Laien-Testamente oftmals auslegungsbedürftig und nicht selten auch widersprüchlich oder lückenhaft sind. In unserem aktuellen Fall lag die Sache allerdings anders, da der Formulierungsunfall nicht in einem eigenhändigen Testament enthalten war, sondern in einem notariell beurkundeten Erbvertrag.

Das Ehepaar H. hatte alles richtig gemacht. Sie hatten sich frühzeitig mit ihrer Erbschaftsplanung auseinandergesetzt, sich fachkundigen Rat geholt, einen Erbvertrag aufsetzen und diesen öffentlich beurkunden lassen. Das Ehepaar H. hatte keine gemeinsamen Kinder. Frau H. war kinderlos, Herr H. hatte einen Sohn. Die drei hatten ein gutes Verhältnis untereinander und so unterschrieb der Sohn von Herrn H. breitwillig einen Erbverzicht zugunsten der Stiefmutter, für den Fall, dass sein Vater vor dieser versterben würde. In der Folge trat dieser Fall ein und Frau H. erbte das gesamte Vermögen von Herrn H.

Als nun Frau H. als Zweite verstarb, ging der Sohn davon aus, er sei gestützt auf den seinerzeitigen Erbvertrag Alleinerbe und die Geschwister von Frau H. seien von der Erbschaft ausgeschlossen. So war es immer besprochen worden und so hätten sie es auch im Erbvertrag geregelt – dachte er. Bei der genaueren Lektüre des Erbvertrages stellte sich jedoch heraus, dass die Erbschaftsregelung für den Fall des Ablebens von Frau H. nach ihrem Gatten einem «Formulierungsunfall» zum Opfer gefallen war. Im Vertrag war die Rede vom Fall des Erstversterbens eines Ehegatten, vom Fall des gemeinsamen Versterbens der Ehegatten und davon, dass der überlebende Ehegatte die Regelung für den Fall des Zweitversterbens nachträglich abändern dürfe. Was aber vergessen gegangen war, war, überhaupt eine Regelung für den Zweitversterbensfall zu treffen. Damit gab es streng nach dem Wortlaut des Erbvertrages für den Todesfall von Frau H. als Zweitversterbende keine Bestimmung und es wäre grundsätzlich die gesetzliche Erbfolge zum Tragen gekommen. Zum Glück für den Sohn stimmten ihm die Geschwister von Frau H. zu, dass es sich bei der fehlenden Bestimmung offensichtlich um ein Versehen handelte, und gestanden ihm seine Erbenstellung dennoch zu.

Dieser Fall zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, Erbschaftsdokumente von Zeit zu Zeit einer Überprüfung zu unterziehen. Wenn man einen Formulierungsunfall früh genug entdeckt, lässt er sich in der Regel korrigieren. Wartet man hingegen zu lange und entdeckt den Fehler erst nach dem Tod der verfügenden Person, kann es schwierig werden.