Wissen
Sachlich und kompakt
Unser Wissensbereich bietet Ihnen vertiefte Einblicke in zentrale Fragen rund um die Themen Erbrecht, Nachlassregelung und Nachfolgeplanung. Wir erklären komplexe Inhalte verständlich, stellen Neuerungen vor und geben Ihnen hilfreiche Materialien an die Hand – zur Vorbereitung, Vertiefung oder Orientierung.
Das neue Schweizer Erbrecht
In Kraft seit 1. Januar 2023
Das revidierte Erbrecht hat wichtige Neuerungen mit sich gebracht – für Privatpersonen wie auch für Unternehmen. Was das für Sie bedeutet? Wir haben die wichtigsten Informationen kompakt und verständlich für Sie aufbereitet.
Erbrechtsreform 2023 kurz zusammengefasst
- Die gesetzlichen Erbteile bleiben unverändert.
- Der Pflichtteil für direkte Nachkommen wird auf 50% reduziert.
- Der Pflichtteil für die Eltern entfällt.
- Ehepaare in laufendem Scheidungsverfahren verlieren ihren Pflichtteilsschutz.
- Im Konkubinat besteht weiterhin kein gesetzliches Erbrecht.
- Bei Erbverträgen gilt neu ein Schenkungsverbot.
- Bestehende Testamente/Erbverträge sollten überprüft werden.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Erbrechtsreform
Wann tritt das revidierte Erbrecht in Kraft?
Was sind die Änderungen im neuen Erbrecht?
Was bedeuten die Änderungen für den erblichen Pflichtteil?
Ich habe KEIN Testament. Wie wird mein Nachlass geregelt?
Ich habe bereits ein Testament. Was muss ich beachten?
Was ändert sich für Ehepaare in der Scheidung?
Was müssen Paare im Konkubinat beachten?
An der Stellung von nichtverheirateten Lebenspartnern ändert sich durch die Revision nichts. Konkubinatspartner haben weiterhin weder ein gesetzliches Erbrecht noch sonstige gesetzliche Ansprüche. Die Begünstigung / Absicherung im Konkubinat muss also weiterhin testamentarisch oder erbvertraglich geregelt werden. Zu berücksichtigen bleibt zudem weiterhin die steuerliche Situation, an der sich durch die Erbrechtsreform ebenfalls nichts geändert hat: Je nach Kanton zahlt der erbende Konkubinatspartner weiterhin Erbschaftssteuern in erheblichem Ausmass (bis zu 50% der Zuwendung).
Was bedeutet das für die Unternehmensnachfolge?
Die Reduktion der Pflichtteile vergrössert auch den Spielraum und die Gestaltungsmöglichkeiten bei der familieninternen Nachfolgeregelung. Es befindet sich zu diesem Thema zudem ein weiterer Reformschritt in Planung, der zum Ziel hat, Schwierigkeiten bei der erbrechtlichen Übertragung von Unternehmen zu beseitigen. Medienmitteilung des Bundesrats vom 10.06.2022
Betrifft mich die Erbrechtsrevision?
- Ich habe noch keine Nachlassregelung (Testament und/oder Erbvertrag) erstellt: Die Erbrechtsrevision ist ein guter Anlass, um Ihre Situation zu überdenken und eine Nachlassregelung zu treffen, die Ihren Wünschen entspricht.
- Ich habe bereits eine Nachlassregelung (Testament und/oder Erbvertrag) erstellt: Es ist ratsam, zu prüfen, ob die getroffene Nachlassregelung mit den Änderungen im Erbrecht kompatibel ist: Lässt sich dem Testament entnehmen, ob die altrechtlichen oder die neurechtlichen Pflichtteile zur Anwendung kommen? Regelt Ihr Erbvertrag den Punkt lebzeitiger Schenkungen/Vermögensabtretungen?
Das neue Erbrecht räumt Ihnen unter Umständen mehr Flexibilität ein. Nehmen Sie die Erbrechtsreform daher zum Anlass, zu prüfen, ob Ihre aktuelle Regelung Ihre Wünsche und Vorstellungen noch immer abdeckt.
Wie ändert sich der Pflichtteil für ein Kind? (Rechenbeispiel)
Die Ehegatten Florence und Stefan haben drei gemeinsame Kinder. In einem Ehe- und Erbvertrag haben sich Florence und Stefan gegenseitig maximal begünstigt. Sie haben ihre Kinder zugunsten des überlebenden Ehegatten auf den Pflichtteil gesetzt. Beim Tod von Stefan beträgt seine Erbschaft CHF 1 000 000.
Nach bisherigem Erbrecht erhalten davon:
die Kinder CHF 375 000 (=ihren Pflichtteil von drei Achteln)
die Ehefrau CHF 625 000 (=ihren Erbteil und die freie Quote)
Nach neuem Erbrecht erhalten davon:
die Kinder CHF 250 000 (=ihren Pflichtteil von einem Viertel)
die Ehefrau CHF 750 000 (=ihren Erbteil und die freie Quote)
Wie ändert sich der Pflichtteil an die Eltern? (Rechenbeispiel)
Max und Veronika leben im Konkubinat. Beide Partner sind kinderlos. Die Eltern von Veronika leben beide noch. Sie will ihren Lebenspartner erbrechtlich so weit wie möglich begünstigen. Im Testament bestimmt sie, dass ihre Eltern den Pflichtteil erhalten und Max den Rest. Veronika verstirbt daraufhin bei einem Unfall. Sie hinterlässt ein Vermögen von CHF 500 000.
Nach bisherigem Erbrecht erhalten davon:
die Eltern CHF 250 000 (= ihren Pflichtteil in Höhe der Hälfte des Nachlasses)
Partner Max CHF 250 000
Nach neuem Erbrecht erhalten davon:
die Eltern CHF 0 (ihr Pflichtteil entfällt)
Partner Max CHF 500 000
Achtung: In einem solchen Fall kann es je nach Formulierung im Testament unter dem neuen Recht zu Auslegungsschwierigkeiten kommen („Wollte Veronika ihre Eltern wirklich vollständig ausschliessen?“). Es empfiehlt sich daher, das bestehende Testament überprüfen zu lassen und es gegebenenfalls anzupassen.
Was bedeutet das neue Schenkungsverbot? (Beispiel)
Die Familie Mustermann schliesst einen Erbvertrag und vereinbart darin, dass der überlebende Ehegatte Alleinerbe ist und dass nach dessen Tod das noch vorhandene Vermögen an die beiden Kinder geht. Nachdem Vater Heinz verstorben ist, richtet Mutter Rita eine Schenkung in Höhe von CHF 100 000 an die Stiftung «Sechs Beine» aus. Nach der heutigen Gesetzeslage gilt grundsätzlich Schenkungsfreiheit. Die Schenkung ist also zulässig und die Kinder können sich dagegen nicht erfolgreich zur Wehr setzen. Anders wäre es nur, wenn Mutter Rita die Schenkung mit der Absicht vorgenommen hätte, ihre Kinder zu schädigen.
Nach neuem Erbrecht ist die Lage anders. Es gilt bei Erbverträgen grundsätzlich ein Schenkungsverbot. In unserem Beispiel wäre die Schenkung also nicht zulässig und die Kinder könnten diese nach Ritas Tod gegenüber der Stiftung «Sechs Beine» anfechten, es sei denn, im Erbvertrag wäre ein Passus enthalten, der das Ausrichten solcher lebzeitigen Zuwendungen durch den überlebenden Elternteil ausdrücklich erlaubt.
Medien
Publikationen. Beiträge. Kolumnen.
Wir freuen uns, Ihnen einige der von uns, mit uns oder über uns publizierten Fachartikel, Zeitungsbeiträge, Kolumnen und Portraits zugänglich zu machen.
Dokumente, Downloads & Links
- Urteilskommentar von Patrizia Kraft und Beat Zoller im Jusletter vom 28. Juni 2021 "Das Bundesgericht auf institutionellen Abwegen"
- Interview Patrizia Kraft auf Blick online vom 11.10.2017
- Beitrag Patrizia Kraft und Beat Zoller im Jusletter vom 14.05.2018 zum Thema "Auf dem Weg zu einem zeitgemässen Erbrecht"
- Beitrag in den Schaffhauser Nachrichten vom 18.05.2018
- Beitrag von Beat Zoller in der Zeitschrift Successio Ausgabe 4/2010
- Beitrag von Beat Zoller und Patrizia Kraft in der Zeitschrift Successio Ausgabe 3/2017
- Portrait über Patrizia Kraft im Magazin Best of Schaffhausen 2017 (S. 78/79)
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Bierdeckel sind fehl am Platz"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Entscheiden über den Tod hinaus"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Mein Wille geschehe - ausser ein Erbe weigert sich"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Ehegattenbegünstigung suboptimal"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Die Kunst des Nutzniessens"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Wie funktioniert eine Erbteilung?"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Mein Wille geschehe - ausser die Kinder sind vorehelich"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "...und plötzlich ist da noch einer"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Wenn der Staat die Hand aufhält"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Mein Meersäuli erhält ein Wohnrecht"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Mit warmen Händen geben"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Vorsätze für das neue Jahr"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Unentgeltliche Zuwendungen"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Wenn das Gericht nicht teilt"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Hundertsechs Jahre alt"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Das Pflichtteilsrecht wankt"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Keine Beurkundung, viele Probleme"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Unzertrennlich"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Die Eltern pflegen"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Ungültige Testamente"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Die Psychologie der Worte"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Mit einem Satz die Erbfolge regeln"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Die Aufbewahrung von Testamenten"
- Ratgeber Kolumne Schaffhauser Bock "Von Splittern und Balken"
- Artikel von Kathleen Leu und Patrizia Kraft in den Schaffhauser Nachrichten vom 21.10.2022
Glossar
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